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Seltene Erkrankungen: Hilfe und Selbsthilfe

Undefinierbare Schmerzen? Nicht immer muss sich dahinter gleich eine schlimme Krankheit verbergen. Manchmal sind die Schmerzen jedoch nicht zuzuordnen. Dann beginnt häufig ein nicht enden wollender Lauf zu vielen Ärzten, an dessen Ende vielleicht eine Seltene Erkrankung steht. „Seltene Erkrankung“? Der Verein ACHSE vertritt Betroffene und deren Angehörige. Wir haben mit der Schirmherrin Eva Luise Köhler gesprochen.

Frau Köhler, bereits seit 2005 sind Sie Schirmherrin. Warum halten Sie ACHSE für so unterstützenswert?

Es gibt rund 4 Millionen Menschen in Deutschland, die von einer der rund 8.000 Seltenen Erkrankungen betroffen sind – unter ihnen besonders viele Kinder. Und auch wenn nicht viele Menschen von den einzelnen Erkrankungen betroffen sind, so haben alle mit sehr ähnlichen Problemen zu kämpfen: extrem lange Diagnosewege, kaum verfügbare Therapien und Medikamente, wenig gute Informationen, die dazu noch schwer zu finden sind, ein großer Forschungsbedarf und eine unzureichende Versorgungssituation, sind nur einige Herausforderungen, die Betroffene und ihre Familien meistern müssen. Zudem sind sie häufig konfrontiert mit Ärzten, Therapeuten und Sachbearbeitern versorgender Einrichtungen, denen das Thema „Seltene“ gar nicht bekannt ist und die sie in ihrem Anliegen nicht ernst nehmen.

Welche Motivation steckt dahinter?

Das große Engagement von Christiane Herzog für Kinder mit Mukoviszidose hat mich ihrer Zeit sehr beeindruckt. Als ich dann First Lady wurde, hat mich der damals noch ganz junge Verein ACHSE gefragt seine Schirmherrschaft zu übernehmen. Die Idee, aus der gemeinsamen Problematik heraus nicht eine Krankheit, sondern alle Seltenen Erkrankungen zu vertreten, hat mich sehr überzeugt. Bis heute bewegen mich besonders die Gespräche mit betroffenen Menschen und bestärken mich darin, dass meine Entscheidung von damals richtig war.

Wie schätzen Sie das deutsche Gesundheitswesen in Bezug auf seltene Krankheiten ein?

ACHSE e.V. – setzt sich seit mehr als zehn Jahren für eine Verbesserung der Lebenssituation von Betroffenen ein. Der Dachverband von derzeit 126 Patientenorganisationen ist das Netzwerk von und für Menschen mit Seltenen Erkrankungen. ACHSE bündelt Wissen, fördert die Versorgung, vernetzt Patienten, Ärzte und Therapeuten sowie Akteure aus Politik und Wissenschaft und treibt Forschung voran. Denn, das Interesse an Krankheiten zu forschen, an denen nur wenige Menschen leiden, ist gering.

Ein erster großer und wichtiger Schritt wurde mit dem Nationalen Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen getan, das vor einigen Jahren gegründet wurde und an dem sich alle relevanten Akteure aus dem Gesundheitssystem beteiligen. Hier werden gemeinsam Lösungen für eine strukturelle Verbesserung der Betroffenen erarbeitet und umgesetzt. Ein erstes Ergebnis dieses Bündnisses war der erste Nationale Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen, der in 2013 veröffentlicht wurde. ACHSE hat übrigens nicht nur die Vertretung der Patientenseite in dem Bündnis übernommen, sondern überwacht auch die Umsetzung der daraus entstandenen Maßnahmen. Mittlerweile bundesweit 26 selbsternannte Zentren für Seltene Erkrankungen bieten eine Anlaufstelle für Patienten. Ich wünsche mir, dass hier Politik und Gesundheitswesen, aber auch Wissenschaft und Forschung weiter an einem Strang ziehen, unterstützt durch ein größeres Verständnis in unserer Gesellschaft für die Bedürfnisse der Erkrankten.

Was war für Sie die schönste Geschichte, die Sie im Rahmen Ihrer Schirmherrschaft in den vergangenen Jahren erlebt haben?

In all den Jahren meiner Schirmherrschaft hatte ich das große Glück, Menschen zu begegnen, die trotz ihres oft wirklich schweren Schicksals, mit unglaublich viel und vor allem positiver Kraft nicht nur für ihre eigene Sache, sondern auch für andere kämpften. „Selbsthilfe“ heißt nicht nur Trauer, Schwermut oder Angst. In der Selbsthilfe stecken Kräfte, die man sich nicht vorstellen kann. Und so freue ich mich jedes Mal, wenn ich wieder Eltern kennenlerne, die trotz der schweren Erkrankung ihres Kindes, den Mut nicht aufgeben, die voller Tatendrang sind, fröhlich und durchaus auch mit Humor anderen Eltern beistehen. Menschen mit Seltenen Erkrankungen sind die Experten ihrer eigenen Erkrankung. Zu sehen, dass sie nicht aufgeben, sollte ein Motor für alle sein, sich für sie einzusetzen.

Wie kann man den Verein ACHSE und Sie aktiv unterstützen?

Das geht natürlich durch Spenden, denn ACHSE ist ein gemeinnütziger Verein, der seine Arbeit zum großen Teil durch Spenden finanziert. So wird z.B. die für hilfesuchende Betroffene oder Ärzte kostenlose Beratung finanziert oder die so wichtige Öffentlichkeitsarbeit, dank der ein breites Publikum erreicht werden kann.

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