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Adipositas und Ernährung bei Kindern

„Anima sane in Corpore sano“! Übersetzt heißt das: „Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“. Hierzu gehört, sich regelmäßig zu bewegen und sich gesund zu ernähren. Dieses Lebensmotto nehmen sich jedoch nicht alle Eltern sehr zu Herzen, denn über die letzten Jahrzehnte ist der BMI (Body Mass Index) nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen angestiegen. Ab wann man bereits im Kindesalter von Übergewicht spricht und warum dick sein nicht gesund ist, erklären wir Ihnen in unserem Beitrag.

Übergewicht bei Kindern

Ab wann ist dick zu dick? Und warum ist dick sein auch im Kindesalter nicht gesund? Von Adipositas (Fettleibigkeit) spricht man, wenn der Körperfettanteil an der Gesamtkörpermasse erhöht ist. Mittels Bestimmung von Körpergröße und Körpergewicht lässt sich der BMI berechnen: Das Körpergewicht (in kg) wird durch das Quadrat der Körpergröße (in cm) geteilt. 

Im Kindes- und Jugendalter wird der BMI von wachstumsbedingten Änderungen der prozentualen Körperfettmasse und von alters- und geschlechtsspezifischen Besonderheiten beeinflusst. Es gibt dennoch Referenzwerte für das Kindes- und Jugendalter (alters- und geschlechtsspezifische Perzentilen), sodass der individuelle BMI-Wert Ihres Kindes bewertet werden kann und Sie einen Anhaltspunkt haben, ob Ihr Kind tatsächlich übergewichtig ist. Generell gilt: Alles zwischen der 10. und 90. Perzent wird als normalgewichtig bezeichnet.

Definition von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter 

  • Von Übergewicht spricht man, wenn der BMI-Wert zwischen der 90. – 97 Perzent liegt. 
  • Von Adipositas (Fettleibigkeit) spricht man, wenn der BMI-Wert zwischen der 97. – 99,5 Perzent liegt. 
  • Von extremer Adipositas (Fettleibigkeit) spricht man, wenn der BMI-Wert oberhalb der 99,5 Perzent liegt.

Sollten Sie bei Ihrem Kind eine Neigung zu Adipositas vermuten, ist eine ärztliche Untersuchung notwendig. Bei Kindern und Jugendlichen mit Adipositas wird dann zunächst durch eine Basisuntersuchung (Anamnese und körperliche Untersuchung) geprüft, ob eine ursächliche Grunderkrankung (sehr selten) vorliegt. Zudem werden mögliche medizinische Folgen der Adipositas erkannt. Hierzu zählen beispielsweise Störungen des Stütz- und Halteapparats, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Typ-2-Diabetes mellitus, Vermännlichung bei Mädchen, Gicht, Gallensteinbildung und das metabolische Syndrom. Durch eine Gewichtsreduktion sind diese Folgeerscheinungen teilweise reversibel. 
Häufige Begleitbefunde bei Adipositas, die in der Regel keiner weiteren Diagnostik bedürfen, sind zudem: Beschleunigung des Längenwachstums und der Skelettreife, Striae distensae (auch Schwangerschaftsstreifen genannt), Pseudogynäkomastie (Brustwachstum beim Jungen), Pseudohypogenitalismus (Verkleinertes Genital beim Jungen). 

Bestenfalls beugt man der übermäßigen Gewichtszunahme von Kindern und Jugendlichen frühzeitig vor. Besteht schon eine Adipositas, sollte diese schnellstmöglich kontrolliert bzw. behandelt werden, um Folgeerkrankungen zu vermeiden. Egal in welchem Alter, es ist meistens schon ausreichend, wenn das Gewicht zunächst gehalten wird, während sich Ihr Kind noch im Wachstum befindet, da dem ja noch wachsenden Körper ansonsten ein Nährstoffmangel droht. Kommen Risikofaktoren hinzu (o.g. Folgeerkrankungen), ist eine überwachte Gewichtsabnahme anzustreben (durch Diätassistenten oder Ökotrophologen mit Nachweis sowie Ernährungsmediziner).

Die Gewichtskontrolle (kein weiteres Zunehmen oder Abnehmen) kann durch Normalisierung bzw. Reduktion der bisherigen Energiezufuhr erreicht werden. Grundlage soll eine sogenannte optimierte Mischkost sein (entsprechend den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung). Die Auswahl der Lebensmittel sollte sich hierbei an folgenden drei Regeln orientieren und „alltagstauglich“ sein: 

  • Reichlich: Getränke (Wasser und ungesüßter Tee) und pflanzliche Lebensmittel 
  • Mäßig: tierische Lebensmittel (fettarme Varianten) 
  • Sparsam: fett- und zuckerreiche Lebensmittel

Generell gilt: Viel Obst und Gemüse, wenig Fett und Zucker. Zwar wird ein kompletter Verzicht auf Süßwaren aus psychologischen Gründen nicht empfohlen, Zuckerersatzstoffe (Süßstoffe) sollen dennoch nur sehr zurückhaltend verzehrt werden, denn es soll eine Sensibilisierung für „Süßes“ stattfinden.

Falls Sie mit diesem Konzept nicht weiterkommen, kann eine Halbierung der geduldeten Lebensmittel und/oder Fette/Öle zumindest vorübergehend erfolgen. Als Basis werden Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte (hohe Gehalte von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen bezogen auf den Energiegehalt) empfohlen. Dabei erfolgt die Energiezufuhr zu ca. 15 % aus Protein, 30 % aus Fett und 55% aus Kohlenhydraten (5 % Zuckerzusätze). Dies bedeutet für die meisten Kinder und Jugendlichen eine wesentliche Ernährungsumstellung. Um unkontrolliertes „Zwischendurchessen“ zu vermeiden, sollte ein strukturierter Mahlzeitenrhythmus im Tagesablauf erlernt werden (mit drei Hauptmahlzeiten und bis zu zwei Zwischenmahlzeiten).

Langfristig hat eine alleinige Ernährungstherapie jedoch nur einen geringen Effekt auf den Gewichtsstatus. Deshalb sollte parallel auch eine Steigerung der körperlichen Aktivität erreicht und auch hierfür das Bewusstsein bei Ihrem Kind geschult werden (Verhaltenstherapie).
Neben dem kindlichen Verhalten (wie z.B. Ernährung, Essverhalten und Aktivität) ist übrigens auch das elterliche Verhalten (wie z.B. generelle Unterstützung oder das spezifische Verhalten in der Essenssituation) gefragt, denn der elterliche Einfluss ist enorm wichtig. Dementsprechend wird auch ggf. eine Verhaltensänderung der Eltern als Teilaspekt der kindlichen Behandlung betrachtet.

Essen lernen

Zwischen den Mahlzeiten soll es essensfreie Zeiten geben, also keine Snacks, zuckerhaltige Getränke oder Milch. Wasser oder ungesüßter Tee können hingegen immer bedenkenlos verzehrt werden. Die Mahlzeiten sollen mit Zeit und in Ruhe in Gemeinschaft eingenommen werden (z.B. kein TV). Mindestens eine Mahlzeit pro Tag soll als gemeinsame Mahlzeit angestrebt werden. Kinder sollten darin unterstützt werden, selbstständig zu essen und aktiv an den Mahlzeiten teilzunehmen. 

In Bewegung bleiben 

Körperliche Aktivität im Kleinkindalter (1-3 Jahre): Kleinkinder sollten so viel wie möglich und besonders draußen aktiv sein, und dabei so wenig wie möglich in ihrem natürlichen Bewegungsdrang gehindert werden. Für die Entwicklung von motorischen Fähigkeiten sind komplexe Bewegungsabläufe wie z.B. Klettern, Toben, aber auch Alltagsbewegungen wie Tisch decken für Ihr Kind förderlich. Bewegen Sie sich gemeinsam im Alltag und bieten Sie Bewegungsanreize, wie z.B. Spielgruppen, Sportvereine oder Eltern-Kind-Turnen. Ermöglichen Sie Ihrem Kind auch, die Entwicklung von Fähigkeiten im Umgang mit Risiken und Gefahren kennen zu lernen. Unterbrechen Sie körperliche Aktivitäten nur, wenn ernsthafte Gefahr droht. Vermeiden Sie Inaktivität und unnötige Sitzzeiten. Bildschirmmedien (TV, Computer, Handy etc.) sind für Kleinkinder nicht zu empfehlen. Sorgen Sie auch dafür, dass Ihr Kleinkind regelmäßig Ruhe und Schlaf bekommt, wieviel ist individuell verschieden.

Kindergartenkinder (4 bis 6 Jahre) sollten sich mindestens 180 Minuten am Tag bewegen. Auch hier ist Bewegung jeglicher Art an der frischen Luft, ebenso wie für Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren, empfehlenswert.

Grundschulkinder (6 bis 11 Jahre) und Jugendliche (12 bis 18 Jahre) sollten eine tägliche Bewegungszeit von mindestens 90 Minuten am Tag erreichen, davon 60 Minuten durch Alltagsaktivitäten (z.B. 12.000 Schritte/Tag).