Syphilis: Weit verbreitet – oft unentdeckt
Egal, ob von der „Franzosenkrankheit“, dem „harten Schanker“, „Lues“ oder der „Liebesseuche“ die Rede ist: Gemeint ist die Geschlechtskrankheit Syphilis. Nachdem die sexuell übertragbare Erkrankung Ende der 90er Jahre in Deutschland schon fast ausgerottet war, hat sich das Bakterium Treponema pallidum seit Beginn des neuen Jahrtausends wieder vermehrt verbreitet und zu einer deutlichen Erhöhung der Ansteckungen geführt. Doch trotz weiter Verbreitung der Geschlechtskrankheit bleiben die Symptome von Syphilis oft unerkannt – was schwere gesundheitliche Folgen haben kann.
Habe ich Syphilis?
Da die Anzeichen der Erkrankung oft unerkannt bleiben, stellt sich natürlich die Frage: Wie erkenne ich eigentlich, ob ich Syphilis habe? Syphilis ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die in 3 Krankheitsphasen verläuft und sich in ihrem Krankheitsverlauf dann im gesamten Körper ausbreitet. Die Inkubationszeit (das ist die Zeit von der Ansteckung bis zum Auftreten der ersten Symptome) beträgt meistens drei Wochen. Je nach übertragener Erregerzahl und dem Immunstatus des Infizierten, kann sie aber auch zwischen 10 Tagen und 3 Monaten liegen.
Diese Symptome sind kennzeichnend für die drei Krankheitsphasen der Syphilis:
- Primäre Syphilis: In der ersten Phase, die auch als primäre Syphilis bezeichnet wird, entsteht dort, wo das Bakterium in den Körper eingedrungen ist, zunächst ein dunkelroter Fleck oder ein Knötchen, welches sich zu einem nässenden, schmerzlosen, hoch infektiösem Geschwür entwickelt (Primäraffekt). Kommt eine andere Person mit dieser Flüssigkeit in Kontakt, kann auch ohne Geschlechtsverkehr eine Infektionsübertragung stattfinden. Die Ränder der offenen Hautstellen verdicken und verhärten, während die benachbarten Lymphknoten anschwellen. Das Geschwür heilt aber nach ungefähr einem Monat von selbst wieder ab.
- Sekundäre Syphilis: In der zweiten Krankheitsphase entsteht die sogenannte sekundäre Syphilis. Der Erreger verbreitet sich dann über die Blutbahn und das Lymphsystem im gesamten Organismus. Diese Phase ist auch gekennzeichnet durch das Anschwellen anderer Lymphknoten, die an verschiedenen Stellen im Körper liegen. Zudem treten grippeähnliche Symptome mit Müdigkeit, Blässe, Fieber, Glieder- und Kopfschmerzen bis hin zu Sehstörungen auf – meist einhergehend mit Hautausschlag, der den ganzen Körper befallen kann. In der Phase der sekundären Syphilis kann es auch zu Haarausfall oder nässenden Pusteln kommen, deren Flüssigkeit übrigens viele Krankheitserreger enthält. Auch diese Symptome klingen in der Regel von selbst wieder ab, treten jedoch häufig schubförmig immer wieder auf.
- Tertiäre Syphilis: In manchen Fällen heilt die Syphilis nach der zweiten Krankheitsphase von selbst aus. Sie kann sich jedoch auch über jahrzehntelang in einer Ruhephase (sogenannte Latenzphase) befinden. Das heißt, auch wenn die Symptome verschwinden und lange Zeit nicht wieder auftreten, ist dies kein Hinweis darauf, dass der Erreger vom Körper bekämpft wurde. Falls die Krankheit nicht von selbst ausheilt und zudem unbehandelt bleibt, geht sie nach mehreren Jahren in das dritte Krankheitsstadium über. Man spricht nun von tertiärer Syphilis. Dabei werden auch innere Organe, die Knochen und/oder die Blutgefäße befallen und dauerhaft geschädigt. Daraus resultieren kardiologische, neurologische und psychiatrische Störungen. Im gesamten Körper (auf der Haut oder an den Organen) können durch die Geschlechtskrankheit sogenannte Gummen entstehen. Das sind Gewebeknoten, die ein dünnes, fadenziehendes (gummiartiges) und entzündliches Sekret enthalten. Ist bei den Gefäßschädigungen die Hauptschlagader betroffen, kann sich ein Aneurysma bilden. An dieser Stelle ist die Gefäßwand sehr dünn und kann leicht reißen – es besteht sogar die Gefahr, innerlich zu verbluten. Kommt es durch die neurologischen Störungen zu Spätschäden am zentralen Nervensystem (ZNS), spricht man von einer Neurosyphilis. Mögliche Folgen sind z. B. Bewegungsstörungen, Empfindungsstörungen, Nervenschmerzen, Krämpfe, Inkontinenz, Seh- und Sprechstörungen, Hörverlust, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, epileptische Anfälle, Depressionen oder Demenz. Häufig wird die Neurosyphilis auch als 4. Stadium bezeichnet.
Wie kann ich mich mit Syphilis anstecken?
Syphilis wird hauptsächlich beim Geschlechtsverkehr übertragen. Das Risiko einer Ansteckung ist dadurch gegeben, dass der Keim, welcher sich in infektiösen Körpersekreten wie z.B. Blut, Vaginalsekret oder Sperma befindet, über Verletzungen in der Schleimhaut in unseren Körper eindringt und dort die Krankheit auslöst. Es genügen bereits winzige Einrisse in der Schleimhaut, die wir nicht mal wahrnehmen, um eine Ansteckung zu ermöglichen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Geschlechtsverkehr genital, oral oder anal erfolgt. Eine Übertragung der Syphilis-Bakterien ist ebenso beim Küssen möglich – auch hier über winzige Verletzungen der Schleimhaut. Ebenfalls können kontaminierte Kanülen in der Drogenszene oder Blutkonserven bei einer Bluttransfusion eine Ansteckung mit Syphilis hervorrufen. Letzteres kommt in Deutschland jedoch schon seit vielen Jahren nicht mehr vor, da die Blutprodukte auf Syphilisinfektion geprüft werden.
Wichtig, zu wissen: Ein Ansteckungsrisiko besteht zu jeder Krankheitsphase der Syphilis. So besteht auch in beschwerdefreien Zeiten immer das Risiko, andere mit der Geschlechtskrankheit anzustecken, da sich der Erreger nach wie vor im Körper befindet!
Das Bakterium Treponema pallidum, welches die Erkrankung Syphilis verursacht, befällt übrigens nur den Menschen und ist außerhalb unseres Organismus nicht lange lebensfähig. Ein normaler Umgang mit einer infizierten Person, also Hände-Kontakt oder das Benutzen gemeinsamer Handtücher, ist daher unbedenklich und stellt kein erhöhtes Risiko dar.
Wie kann ich mich vor einer Ansteckung mit Syphilis schützen?
Lediglich geschützter Geschlechtsverkehr, also Kondome, können vor eine Ansteckung mit dem Syphilis-Erreger schützen. Auch eine bereits durchgemachte Infektion, egal ob sie behandelt wurde oder von selbst ausgeheilt ist, schützt nicht vor einer erneuten Ansteckung und Ausbreitung der Krankheit!
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für eine Syphilis-Erkrankung?
Syphilis ist heilbar – und das in jeder Krankheitsphase. Die Geschlechtskrankheit wird in der Regel mit Penicillin behandelt, also einer Antibiotikatherapie, und heilt dadurch aus. Befindet sich die Erkrankung bereits im dritten Stadium und hat Spätschäden verursacht, lassen sich diese allerdings nicht mehr rückgängig machen.
Wird eine Syphilis diagnostiziert, sollten alle in Frage kommenden Sexualpartner des Betroffenen ebenfalls untersucht und ggf. behandelt werden. In der primären Phase sollten dies die Partner der vergangenen 3 Monate sein, in der sekundären Phase sollten bis zu 2 Jahre berücksichtigt werden. Wegen der unkomplizierten Übertragung schon beim Küssen, ist die schnelle und umfangreiche Behandlung ein wichtiges Kriterium, um die weitere Ausbreitung der Syphilis einzudämmen.
Bei Verdacht auf eine Infektion bzw. bis zum Nachweis des Therapieerfolges, sollte auf ungeschützten Geschlechtsverkehr unbedingt verzichtet werden.
Gefahr für das ungeborene Kind
Ist eine Schwangere mit dem Syphilis-Erreger infiziert, kann dieser über die Plazenta auf das Kind übergehen. Besonders hoch ist das Risiko einer Übertragung in frühen Krankheitsstadien oder dann, wenn die schwangere Frau sich erst während der Schwangerschaft mit der Geschlechtskrankheit infiziert. Denn kommt es erst während der Schwangerschaft zu einer Infektion der Frau, geht der Erreger fast immer auch auf das ungeborene Kind über. Nicht selten treten dadurch auch Früh- oder Fehlgeburten auf.
Neugeborene, die an Syphilis erkrankt sind, haben oft ähnliche Symptome: Atemprobleme, Hauterscheinungen, Gewebsschwellungen, eine vergrößerte Leber und Milz, Gelbsucht und Blutarmut. Diese treten aber in der Regel erst nach der 3. bis 10. Lebenswoche auf. Weitere mögliche Symptome sind dann Fieber, geschwollene Lymphknoten, eingerissene Mundwinkel, Schleimhautgeschwüre, Nasenschleimhaut-, Darm- und Kehlkopfentzündung und das Trinken an Brust oder Flasche lässt nach. Zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat können eine Hirnhautentzündung (Meningitis) mit Trinkverweigerung, Schreien oder Wimmern, Atemstörung und Krampfanfällen auftreten. Ohne Behandlung der Syphilis kommt es meist nach dem 2. Lebensjahr zu Anzeichen an verschiedenen Organen, z. B. Veränderungen am Gaumen, eine sattelförmige eingesunkene Nase, Hornhautentzündungen der Augen (mit Lichtscheu, Augenschmerzen und Sehproblemen, bis hin zur Erblindung), Schwerhörigkeit oder Taubheit, Fehlbildungen der Zähne und Schwellungen an den Schienenbeinen.