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Medikamenteneinnahme im Ramadan: Was muss ich beachten?

Der Fastenmonat Ramadan und das Einhalten der damit verbundenen Regeln ist für die meisten Muslime ein wichtiger Bestandteil ihres Glaubens. Während dieser Fastenzeit wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts gegessen und getrunken. Chronisch Erkrankte Personen oder ältere Menschen, die auf die regelmäßige Einnahme von Medikamenten angewiesen sind, stellen sich insbesondere jetzt die Frage: Was muss ich bei der Medikamenteneinnahme im Ramadan beachten?

Damit Sie die Arzneimitteltherapie auch während der Fastenzeit so sicher wie nur möglich gestalten können, haben wir wichtige Informationen für Sie zusammengefasst.

Was bedeutet Ramadan?

Das Fasten im Monat Ramadan ist eine der 5 Säulen (Glaubensbekenntnis, Pflichtgebet, Pflichtabgabe, Fasten im Monat Ramadan, Pilgerfahrt nach Mekka) des Islam. Der Fastenmonat Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Mondkalenders. Da dieser kürzer ist als der gregorianische Kalender, verschiebt sich der Fastenmonat in unserem Kalender jedes Jahr um 10-11 Tage nach vorne. Am Ende der Fastenzeit wird das große Fest des Fastenbrechens gefeiert, auch Zuckerfest genannt.

Fasten: Diese Regeln gelten im Fastenmonat Ramadan

  • Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang dürfen Fastende nichts essen, nichts trinken, nicht rauchen und keinen Geschlechtsverkehr haben.
  • Wer an einzelnen Tagen durch Krankheit oder Reise verhindert war, kann die entsprechende Zahl der Fastentage nachholen.
  • Für begründet nicht gefastete Tage soll pro Tag eine Spende an Arme und Bedürftige geleistet werden.
  • Das Fasten darf nach Sonnenuntergang bis zur Morgendämmerung unterbrochen werden. Die Fastenunterbrechung beginnt in der Regel mit einem stark zuckerhaltigen Snack, z. B. Datteln oder Halva, gefolgt von einem reichhaltigen Mahl (iftar). Das Fastenbrechen endet vor der Morgendämmerung mit einer weiteren, teils sehr reichhaltigen Mahlzeit (suhur).
  • Medikamenteneinnahme im Ramadan: Ob die Anwendung eines Medikaments während des Ramadan verboten ist, ist unter anderem von der Darreichungsform des Präparates abhängig.
    • Verboten sind alle oralen Arzneiformen, also Tabletten, Kapseln, Tropfen, Säfte usw.
    • Ebenfalls verboten ist die Anwendung rektaler Applikationen sowie Nasentropfen.
    • Erlaubt sind alle Darreichungsformen, die nicht geschluckt werden und nicht der Ernährung dienen. Also Augentropfen, Inhalationen, intravaginale Applikationen und Impfungen. Injektionen und Infusionen sind dann erlaubt, wenn sie nicht der Ernährung dienen.
    • Auch erlaubt sind Darreichungsformen, die äußerlich angewendet werden, wie zum Beispiel Salben, Cremes und transdermale Pflaster (außer Nikotinpflaster).
    • Ebenso dürfen sublinguale Arzneiformen (Anwendung unter der Zunge und Aufnahme in den Körper über die Mundschleimhaut) angewendet werden, z. B. Nitrate gegen Angina pectoris oder Mundhygienepräparate.

Die Fastenregeln gelten für alle Muslime ab der Pubertät, die im Besitz ihrer Geisteskräfte sind und sich in einer entsprechenden körperlichen bzw. gesundheitlichen Verfassung  befinden. Schwangere, erkrankte oder geschwächte Personen sind demnach von der Fastenpflicht befreit. Auch für Reisende gibt es Ausnahmen.

Medikamenteneinnahme im Ramadan

Da auch die Medikamenteneinnahme und weitere Arzneimittelanwendung den Regeln des Ramadan unterliegen, sollten Personen, die auf eine regelmäßige Medikation angewiesen sind, ein besonderes Augenmerk auf ihre Arzneimitteltherapie legen. Denn wenn der Einsatz der Medikamente tagsüber alternativlos ausgesetzt oder die Dosierung verschoben/geändert wird, können erhebliche gesundheitliche Schäden entstehen. Unabhängig von Ihrer Erkrankung und den einzunehmenden Medikamenten, sollten Sie ohne ärztlichen Rat keinesfalls:

  • den Einnahmerhythmus des Medikaments ändern oder gar aussetzen
  • die Dosierung ändern
  • die Darreichungsform ändern

Sprechen Sie über Ihre individuelle Erkrankung und die damit einhergehende Arzneimitteltherapie unbedingt mit Ihrem behandelnden Arzt. Denn, was viele nicht wissen: Gehört zur Therapie eines Patienten ein Arzneimittel, deren Darreichungsform während des Fastenmonats Ramadan nicht erlaubt ist, heißt das nicht zwangsläufig, dass während des Fastens komplett auf diese Therapie verzichtet werden muss. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Anwendungen und Dosierungen so anzupassen, dass sie mit den Regeln des Ramadan konform sind. Viele Medikamente gibt es in unterschiedlichen Darreichungsformen, sodass das Schlucken oder Trinken eines Arzneimittels nicht unbedingt notwendig ist. Auch kann von einer mehrmals täglichen auf eine ein- bis zweimal tägliche Gabe umgestellt werden, die dann vor Sonnenaufgang und/oder nach Sonnenuntergang eingenommen werden kann.

Hier ein paar Beispiele, wie eine Umstellung der Medikation während des Ramadan ggf. möglich ist:

  • Wegen der Gefahr einer Dehydratation kann die Dosis von Diuretika (entwässernde Medikamente) reduziert werden.
  • Bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises kann unter Umständen, für die Dauer des Ramadan, auf ein anderes Präparat ausgewichen werden.
  • Bei einer Epilepsie-Therapie kann das Arzneimittel ggf. vorübergehend auf eine einmal tägliche Gabe mit höherer Wirkstoffmenge umgestellt werden.
  • Die Einnahme von Schilddrüsenmedikamenten kann evtl. zeitlich verschoben werden.
  • Antibiotika die dreimal täglich eingenommen werden müssen, können möglicherweise auf einen anderen Wirkstoff, mit einer einmal täglichen oder zweimal täglichen Gabe, umgestellt werden.
  • Tabletten zur Hormonersatztherapie oder Opioid-Schmerztherapie können gegen Wirkstoff-Pflaster ausgetauscht werden.

Rechtzeitig einen Arzt konsultieren

Sprechen sie rechtzeitig, bevor der Ramadan beginnt, mit Ihrem Arzt darüber, ob eine Umstellung in ihrem Fall machbar ist. Leider gibt es nicht bei jeder Erkrankung oder jeder Therapie diese Möglichkeit. Es kann auch davon abhängig sein, wie schwer die Erkrankung bei Ihnen ausgeprägt ist. Eventuell wird der Arzt ihnen dann aus gesundheitlichen Gründen vom Fasten abraten. Sie sollten die gesundheitlichen Risiken des Fastens keinesfalls unterschätzen.

Grundsätzlich besteht ein erhöhtes gesundheitliches Risiko für erkrankte oder geschwächte Personen während des Fastens, auch wenn sie nicht auf die Medikamenteneinnahme im Ramadan angewiesen sind. Zwar sind nach den Fastenregeln Kranke und schwache Menschen, Schwangere und Reisende nicht an die Regeln des Ramadan gebunden, viele Muslime möchten in ihrer Familie aber keine Ausnahme sein und fasten dennoch. Für diese Personen gilt besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit. Vor allem in den Sommermonaten besteht das Risiko einer Dehydratation. Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, Kreislaufbeschwerden und Blutdruckschwankungen können leicht zur gesundheitlichen Gefahr werden.

Fasten mit Diabetes

Da Diabetes eine weit verbreitete Erkrankung ist, und ihre Therapie maßgeblich von der Ernährung beeinflusst wird, möchten wir auf diese Krankheit in Verbindung mit dem Fastenmonat Ramadan näher eingehen.

Wer die Zeit des Ramadan nach dem muslimischen Glauben leben möchte und an Diabetes leidet, ist verschiedenen Risiken ausgesetzt. Durch die erhebliche Ernährungsumstellung kann es zu einer schweren Unterzuckerung kommen, oder der Blutzuckerspiegel steigt zu hoch an. Außerdem bestehen Gefahren einer diabetischen Ketoazidose, einer Dehydratation oder Thrombose. Daher sollten Diabetiker sich während des Fastens noch intensiver mit ihren Ernährungsgewohnheiten oder eventuell auftretenden gesundheitlichen Symptomen befassen.

Mit folgenden Verhaltensregeln können Diabetiker die Risiken im Fastenmonat Ramadan mindern:

  • Kontrollieren Sie mehrmals täglich den Blutzuckerspiegel (vor der Mahlzeit vor Sonnenaufgang, im Laufe des Vormittags, mittags, nachmittags, vor der Einnahme einer Mahlzeit nach Sonnenuntergang und 2 Stunden danach, ggf. auch noch einmal in der Nacht).
  • Bei sehr niedrigen oder sehr hohen Blutzuckerwerten sowie bei Symptomen der Unter- oder Überzuckerung, Dehydrierung oder dem Auftreten von akuten Krankheitssymptomen, sollten Sie das Fasten unbedingt unterbrechen und ärztlichen Rat einholen.
  • Halten Sie, zum schnellen Handeln bei einer Hypoglykämie (Unterzuckerung), immer Traubenzucker griffbereit.
  • Nach Rücksprache mit ihrem Arzt können Sie ggf. die Dosierungsintervalle oraler Antidiabetika anpassen.
  • Um einen rasanten Blutzuckeranstieg zu vermeiden, sollten Sie beim Fastenbrechen nach Sonnenuntergang, nicht mehr als 1 bis 2 der traditionellen Datteln essen und insgesamt möglichst wenig Kohlenhydrate konsumieren.
  • Bevorzugen Sie während der Essensphase Speisen mit hohem Faseranteil und niedrigem glykämischen Index (GI). Je höher der GI eines Nahrungsmittels ist, desto schneller und höher steigt der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr an. Wählen Sie überwiegend Lebensmittel mit einem niedrigen GI, steigt der Wert nur langsam an und bleibt über einen möglichst langen Zeitraum in einem gesunden Bereich.
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